
Was wäre, wenn Du einen Wunsch frei hättest? Wie „groß“ darf ein Wunsch überhaupt sein? Genügt es, ihn auszusprechen oder müssen wir etwas dafür tun? Lohnt es sich, „wunschlos glücklich“ zu sein? Oder verhält es sich genau andersrum? Macht wünschen glücklich? Ja, so ist es! Ich setze noch einen obendrauf: Wünschen hält unser Herz warm und unser Leben quicklebendig. Denn Wünschen verbindet. Warum das so ist, erfährst Du in den folgenden Zeilen…
Wie ich zu wünschen gelernt habe … eine unvergessliche Weihnachtsgeschichte!
Meine Lieblingsweihnachtsgeschichte hat mir mein Vater erzählt. Sie ereignete sich im Januar 1949, also kurz nach Kriegsende, in der schönen Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Zurückgekommen aus den Weihnachtsferien fanden sich die Zweitklässler, darunter mein Vater, wieder in ihrem Klassenzimmer ein. Die umsichtige Lehrerin, Frau Edeltraut, begrüßte die Knirpse in der ersten Schulstunde mit der Frage: „Hat denn das Christkind all Eure Wünsche erfüllt?“ Damals in der kargen Nachkriegszeit – vier Jahre nach dem verheerenden Krieg – bot das Weihnachtsfest die beste Gelegenheit, um persönliche Sonderwünsche, aber auch zu kurz gekommene Grundbedürfnisse erfüllt zu bekommen. Bei Wunsch und Erfüllung spielte zu jener Zeit die „materielle Machbarkeit“ eine entscheidende Rolle. Natürlich wollten alle Buben spontan mit voller Begeisterung „loslegen“…
Damit in dem Durcheinander von Glücksgefühlsäußerungen irgendetwas verständlich werden konnte, ermahnte die Lehrerin mit „Bitte aufzeigen und immer schön einer nach dem anderen“. Und dann war zu erfahren: Wollhandschuhe, bunte Wintermützen, Strümpfe, Schokolade, Äpfel und Birnen, sogar Orangen wurden den jungen Burschen beschert! Besonders großzügig erwies sich das Christkind, wenn Wünsche nach einem Teddybär oder anderem Spielzeug erfüllt wurden. Mein Vater konnte mit einer Familienrodel brillieren, ganz aus Holz!
Nachdem sich der Mitteilungsdrang etwas gelegt hatte, fragte die „Frau Lehrerin“, ob nun alle zu Wort gekommen seien, um von ihrem „Weihnachtszauber“ zu berichten. Zwei Mitschüler, nämlich Eugen aus dem nahegelegenen Dorf Arzl und Juri aus dem im Hochwald gelegenen Barackenlager für Heimatvertriebene, zeigten jetzt auf. „Da sind ja noch zwei“, stellte die Lehrerin fest. „Also Eugen, fang Du an. Was hat Dir das Christkind denn gebracht?“ „Mir hat das Christkind ein Schwesterlein gebracht“, antwortete der Junge voller Bruderstolz. Das löste natürlich allgemeine helle Begeisterung aus! Alle spürten, dass es sich hier um ein unbezahlbares Top-Geschenk auf einer ganz anderen Ebene handelt und freuten sich mit Eugen, dem Glücklichen!
Was hatte Juri dem noch hinzuzufügen? „Und Du, Juri, welchen Wunsch hat denn das Christkind Dir erfüllt?“ Juris Augen füllten sich mit Tränen. Nur bruchstückhaft und vor Erregung stotternd schluchzte er: „Das Christkind hat mir meinen Vater … ja, wirklich, meinen Vater zurückgebracht … aus russischer Kriegsgefangenschaft.“ Jetzt wurde es mucksmäuschenstill in der Klasse. Alle hatten Tränen in den Augen, Tränen der Freude und des Mitgefühls für Juri. Darüber, dass sein lang gehegter Herzenswunsch wirklich in Erfüllung gegangen war!
Wünschen ist unser Antrieb … und es wirkt!
Wünschen wirkt! Wenn sich unsere Wünsche erfüllen, das zeigt diese Weihnachtsgeschichte, ist weder Hokuspokus am Werk, noch Feenstaub, sondern – neben einer glücklichen Schicksalsfügung – eine uns Menschen innewohnende Magie, nämlich eine unbändige Kraft und positive Energie.
Dass unsere Wünsche Wirklichkeit werden, geschieht aus einem Zusammenspiel von konkreten Vorkehrungen, nämlich: das Wissen um die eigenen Bedürfnisse, ein tiefes Vertrauen darauf, dass uns das Leben immer das schenkt, was wir brauchen, und die dadurch freigesetzte Tatkraft. Mit anderen Worten: Wünsche werden nicht wahr, bloß weil wir sie haben. Für ihre Erfüllung ist unser Zutun unerlässlich! Johann Wolfgang von Goethe formuliert es ganz treffend: „Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden.“ Dabei ist völlig unwichtig, ob es kleine oder große Wünsche sind oder wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie sich erfüllen: die Weltreise, der „Partner-Wunsch“, eine eigene Ausstellung, die Heilung einer belastenden Krankheit, das „Wunschkind“, einen Bestseller zu schreiben, der Wunsch nach den eigenen vier Wänden… .
Wünschen macht glücklich!
Wünsche lösen schon allein bei dem Gedanken ihrer Erfüllung ein Gefühl der Glückseligkeit, eine Hoffnung oder eine Zuversicht aus. Indem wir wünschen, betreten wir einen Möglichkeitsraum: Was wäre (anders), wenn dieser Wunsch erfüllt wäre? Die Vorstellung des Wunsches ist die Blaupause für das, was geschehen soll. Die ausgemachten Wunschoptimisten unter uns erleben ihre Gedanken an die Wunscherfüllung so unmittelbar, als sei das Gewünschte bereits geschehen. Insofern sind Wünsche Triebfeder von Realität und Wandel. Allein durch die Tätigkeit des Wünschens wird eine Art „Realität“ hergestellt: So könnte mein Leben sein, wenn mein Wunsch in Erfüllung geht! Wünsche geben unserem Leben ein Ziel, einen Sinn, einen Antrieb, ja sie bringen Swing in unser Dasein, womit sie zu unserem persönlichen Glück enorm beitragen.
Beim Wünschen werden Glücksbotenstoffe aktiviert. Unser Organismus spendiert uns eine Runde eines erlesenen Glückshormon-Cocktails. Wir sind hochmotiviert. Sozusagen auf „Wunschdroge“. Was mag wohl der Grund dafür sein, uns auf diesen animierenden Trip zu schicken? Genau! Unser Körper unterstützt uns dabei, etwas zu verändern oder uns in eine neue mentale Richtung zu entwickeln. Hier kommt der „Wandel“ ins Spiel: Wenn wir wünschen, sind wir nämlich bereit, uns zu bewegen. Denn Wünschen ist per se etwas, das uns oder unsere Gedanken fliegen lässt. Und wer fliegt, kann bekanntlich über sich selbst hinauswachsen und Grenzen überwinden.
Wieviel ist uns vom kindlichen „Wunschoptimismus“ verloren gegangen – was davon lässt sich zurückholen?“
„Zu Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat“… . Vertraute Worte, die Märchen uns gerne einflüstern wollen. Tatsächlich haben viele von uns das wünschen verlernt. Unser rationaler Verstand findet viele Gründe, um unsere Wünsche zugunsten eines banalen Alltags-pragmatismus zu opfern: „Greife nicht nach unerreichbaren Sternen“, „Das Leben ist kein Wunschkonzert“, „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“, „Bleib auf dem Teppich“… Sozusagen Kollateralschäden des Erwachsenseins: Zum einen sind unsere Wünsche in der heutigen materialistischen Leistungsgesellschaft extrem flüchtig. Zum anderen gleicht unser Wille oftmals einer Mimose: schnell erschöpfbar und noch schneller zu beleidigen. Wenn er nicht zügig bekommt, was er will, verzieht er sich in eine Ecke und schmollt.
Wünsche erfüllen sich oft in Zwischenschritten
Manche Wünsche, insbesondere die lang gehegten, beseelten Herzenswünsche, sind wie ein Langstreckenlauf. Mit einem pimpeligen, eitlen Willen erreichen wir nicht einmal die erste Etappe! Im Gegenteil, Wünsche erfüllen sich oft in Zwischenschritten sowie über Umwege, auf denen wir durchaus interessante Erfahrungen sammeln und anregende Begegnungen erleben können. Quasi offen sein für das Glück der Wunscherfüllung und sich zugleich von überzogenen Erwartungen befreien. Gemeint ist eine federnde Balance von Beharrlichkeit bei gleichzeitiger Gelassenheit. Wenn wir auf unserem Weg innehalten und uns dem Dasein öffnen, zeigt uns das Leben immer wieder aufs Neue, dass tief ersehnte nachhaltige Wünsche durchaus wahr werden können.
Wünschen verbindet
Weil wir Menschen soziale Wesen sind, ist Wünschen ein sehr verbindendes Bedürfnis. In Juris Fall aus der Weihnachtserzählung hat das Wünschen nicht nur seine Familie, sondern auch seine Klassenkameraden enger zusammen rücken lassen, die sich mit seinem Schicksal eng verbunden fühlten. Darüber hinaus bewegt uns diese Geschichte bis heute. Weil sie uns zum Innehalten einlädt und uns zeigt, dass alles möglich ist. Wenn wir einen tief gehegten Wunsch ernsthaft verfolgen, betreten wir einen Weg, der genau dem entspricht, was wir zur Wunschverwirklichung benötigen. Sobald wir uns dafür erwärmen, begegnen uns Menschen, die diesen Wunsch mit uns teilen … wodurch sich Türen weit öffnen. Die positive Energie eines offensiven Wunsches kann so ansteckend sein, dass von allen Seiten Unterstützung kommt.
Verbinde Dich mit Deiner kindlichen Seele!
Was es braucht, um unseren kindlichen „Wunschoptimismus“ ein Stückweit in unser heutiges Dasein zu retten ist eine ausdauernde, hoffnungsvolle Kraft, die ihren Zauber nicht verliert. Und die sich in Augenblicken des Zweifels immer wieder mit ihrer kindlichen Seele verbindet. Um wieder in Kontakt mit unseren Wünschen zu sein. Es gilt, unseren Blick für die Möglichkeiten um uns herum zu öffnen, um dadurch der Wunder des Lebens gewahr zu werden.
Komm Dir selbst auf die Spur…
Tief aus dem Herzen kommende oder lang gehegte Wünsche zeugen von einer tiefen Sehnsucht unseres Herzens. Zu wünschen bedeutet, sich selbst auf die Spur zu kommen. Unsere Wünsche sind seelische Detektoren. Sie zeigen unsere Bedürfnisse und entwerfen ein Bild unserer Zukunft: Sich etwas zu wünschen, hilft, eine Vision von sich zu haben. Daher lohnt es sich, seinen Wünschen den ihnen gebührenden Raum zu geben … und herauszufinden, wohin die Sehnsucht uns führen kann.
Greife nach den Sternen!
Halten wir fest: Das Wünschen bereichert unser Leben, unsere Berufung, unsere Lebensweise, unser Umfeld, unser Weltbild. Wünsche sind unser Seelenfutter, das uns lebendig hält. Wunschlos wären wir total unglücklich! Zu schön sind die gemachten und geteilten Erfahrungen, zu magisch ist die Wunschwirkung. Wünsche tragen eine große Kraft in sich. Erfüllung ist die Erfahrung von Fülle. Darin ist das Wünschen Weltmeister. Lasst uns also wieder beherzt nach den Sternen greifen!