Hinterlasse Deine Spur
Aus vielen verstreut liegenden Gebäudeteilen hatten Architekten einen neuen Uni-Campus erstellt. Nach dessen Fertigstellung kam den Landschaftsplanern die knifflige Aufgabe zu, alle Institute mit einem ausgefeilten Wegenetz zu verbinden. Es galt also, intuitiv zu erfassen, welche Pfade die Studenten einschlagen würden. Eine echte Herausforderung…
Aber verhält es sich nicht genauso mit unseren Lebenswegen? Wie oft stehen wir an einer Weggabelung, nichtwissend, welchen Weg wir einschlagen sollen?! Zu gerne würden wir unseren Lebensweg sinnvoll planen mit dem Bewusstsein, genau das Richtige zu tun? Und wie oft kommt es dann ganz anders?
Uns gelingt es ja kaum, die Bedürfnisse zu erspüren, die wir jetzt, in diesem Moment haben – ganz zu schweigen von denen, die unsere Zukunft betreffen. Unterstützung bei den Philosophen finden wir, na sagen wir mal, bedingt. Denn auch in ihren erlesenen Reihen besteht diesbezüglich Uneinigkeit. Während es für den persischen Dichter Rumi viele Wege gibt, aber nur ein Ziel, ist für Konfuzius der Weg das Ziel.
Zurück zu unserem Campus: Die Landschaftsplaner hatten nämlich eine bestechend einfache Idee. Dabei ließen sie sich vom deutschen Dichter Jean Paul inspirieren: „Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur.“
So sei es! Die Landschaftsplaner legten keine Wege an. Das sollte den Studenten vorbehalten sein. Nach etwa einem Jahr haben diese die für sie beliebtesten Strecken als Trampelpfade erkennbar gemacht. Sie brauchten jetzt nur noch gepflastert zu werden…
Wenn wir mutig unbekannte Wege betreten, entdecken wir unsere eigenen Stärken und Ressourcen, von denen wir nicht im Geringsten geahnt hätten, dass sie in uns stecken.